Eine Kurzgeschichte von Chen Yadan
Er kommt ohne Mimik vor den Spiegel, macht den letzten Knopf des glatt gebügelten Anzugs zu, zieht die sorgfältig ausgewählte Krawatte fest, kämmt die Haare mit Gel. Als alles perfekt aussieht, atmet er tief durch und dreht sich um. Auf seinem Gesicht liegt ein tadelloses Standardlächeln.
Eine Menge Arbeit wartet auf ihn. Aber er scheint gar nicht in Eile zu sein. Mit schwarz geputzten Lederschuhen geht er die Treppe herunter und kommt gelassen in der Lobby an. Inzwischen nickt er einigen zu, mit dem immer gleichen Standardlächeln.
„Guten Tag,“ sagt er, sobald er an seiner Stelle angekommen ist, „Willkommen im Hotel XX. Was kann ich für Sie tun?“
„Er sollte früher kommen,“ denkt sein Kollege, den er bei der Arbeit ablösen kommt. Hunderte Schlüssel werden ausgeteilt und hunderte zurück genommen, freundliche und heikle Gäste begrüßt, zufriedene und hochnäsige Gäste verabschiedet. „Tschüss,“ sagt er, wenn er die letzten Schlüssel bekommt.
„Ich sollte nicht so früh kommen,“ denkt sein Kollege, der ihn bei der Arbeit ablöst. Er geht zurück vor den Spiegel, lockert die Krawatte, ohne Mimik. Noch ein Tag.